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Montag, 17. Juni 13
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RZ-Serie: Bestattungskultur im Wandel
RZ-Serie, Teil 1: Mehr Rasen, weniger Reihengräber Bestatter beklagen zunehmende Anonymität Rheinland-Pfalz - In einer mehrteiligen Serie beleuchtet unsere Zeitung in loser Folge den "Wandel in der Beerdigungskultur". Dabei sind Bestattungen, bei denen die Asche ins All geschossen wird, nur der Schaum auf der Flut des Geschehens, der Umgang mit Tod und Trauer verändert sich, auch im Alltäglichen. Alte Muster und Praktiken werden aufgegeben, Neues tritt an ihre Stelle. Wir zeigen unter anderem, dass Trauerfeiern individuell gestaltet werden, wie das Internet die Erinnerungskultur verändert und welche finanzielle Vorsorge empfohlen wird.
"So wie ein Volk seine Toten verehrt, so offenbart sich seine Seele vor dir", sagte der chinesische Philosoph Konfuzius vor mehr als 2500 Jahren. Tatsächlich spiegeln sich die gesellschaftlichen und kulturellen Werte einer Epoche im Bestattungs- und Friedhofswesen wider, und sie verändern den Ort der letzten Ruhe - das zeigt sich bei einem Spaziergang über den Koblenzer Hauptfriedhof. Rechts steht ein aufwendig gestalteter Grabstein mit Verzierungen, und obendrauf kniet ein Engel, auch auf dem linken Grab haben die Angehörigen einen großen Gedenkstein mit einem eingravierten Spruch aus der Bibel für die Liebsten errichtet. Doch zwischen den beiden Gräbern wuchert das Unkraut, die Grabstelle ist frei. Und nicht nur an dieser Stelle lichtet sich der Koblenzer Hauptfriedhof. Mehr als 100 freie Grabstellen gibt es im unteren Bereich des Friedhofes inzwischen, sagt Rita Reusch, Sachbearbeiterin beim Bestattungswesen der Stadt. 2880 Euro kostet hier die Nutzung einer Grabstelle für die Dauer von 30 Jahren. Doch der "Leerstand" liegt nicht nur an den Preisen. "Familiengräber lösen sich immer häufiger auf" "Die Menschen wechseln heute aus beruflichen oder privaten Gründen häufiger das soziale Umfeld, da überlegen sich viele, ob sie ein großes Grab wollen", sagt Reusch. Die klassische Begräbniskultur, also das Grab auf dem Friedhof der Geburtsgemeinde, fällt so schon aus praktischen Gründen weg. "Familiengräber lösen sich immer häufiger auf", so Reusch. Pflegeleicht und kostengünstig soll die letzte Ruhestätte sein. Rasen statt Reihengrab. Die Gedenksteine auf einem Urnengrabfeld sind in die Erde eingelassen. Sie sehen alle gleich aus: Name, Geburts- und Sterbedatum. Nur vereinzelt wurden ein paar Blümchen niedergelegt. Der Bereich ist nur einer von mehreren Urnengrabstätten auf dem Friedhof. Der Trend ist sichtbar: "Durchschnittlich liegt die Zahl der Feuerbestattungen inzwischen bei rund 50 Prozent, die Tendenz ist steigend", sagt Detlef Rech, Vorsitzender des Bestatterverbandes Rheinland-Pfalz. In Koblenz entschieden sich erstmals 2004 mehr Menschen für die Einäscherung als für die Körperbestattung. Immer öfter verschwinden danach die Spuren der Menschen ganz. Kein Stein, kein Kreuz, kein Grabschmuck erinnert auf dem Feld für anonyme Bestattungen an die Verstorbenen. Gras wächst darauf, wächst über viele Urnen, über viele Leben. An die Folgen denken
"Immer mehr Menschen wählen eine anonyme Beisetzung", sagt Rech und klagt: "Bestatten ist zu Entsorgen geworden." Ihm geht die Anonymität gegen den Strich. "Da hat ein Mensch 80 Jahre lang gelebt, und dann verschwindet er einfach." Er weiß aus seiner Arbeit als Bestatter in Mainz aber auch: "Viele Menschen kommen zu mir und sagen: 'Nach mir ist keiner mehr, an mein Grab wird niemals jemand kommen. Wer soll es pflegen?" Die Wahl der letzten Ruhestätte wird oft erst in letzter Minute getroffen. "Vielen Menschen, die sich für die anonyme Bestattung entscheiden, ist gar nicht klar, was sie ihren Angehörigen damit antun", sagt Rita Schmidt-Hüser, die Trauergruppen bei der Krebsgesellschaft in Koblenz leitet. "Ich kenne Fälle, in denen sich Angehörige gegen den Wunsch des Verstorbenen entschieden haben, weil sie wissen wollen, wo dieser begraben ist." Manchmal werden die Folgen, die eine anonyme Beisetzung hat, den Hinterbliebenen auch erst später bewusst. Bestatter berichten, dass sie Urnen einige Tage nach der Beisetzung in einem anonymen Gräberfeld ausgraben mussten, weil die Hinterbliebenen es sich anders überlegt hatten. Es gibt aber auch Gegentendenzen. Blümchen, kleine Engelsfiguren, Lichter und Kuscheltiere wurden liebevoll auf der Grabfläche für fehlgeborene Kinder aufgestellt. Die Kinder haben Spuren hinterlassen. Aber auch andere Gräber sind individuell gestaltet, und sie verraten etwas über die Menschen, die hier begraben sind. Ein Kfz-Meister hat einen Grabstein in Form eines Mercedessterns, ein Informatiker eine gemeißelte PC-Tastatur, ein Musiker ein Akkordeon aus Stein auf seinem Grab. Auch Fotos - zum Beispiel das Bild eines Ehepaares am Hochzeitstag - und Kosenamen auf den Grabsteinen finden sich immer häufiger. "Es gibt zwei Entwicklungen, die Anonymisierung auf der einen Seite, die Individualisierung auf der anderen", sagt Manfred Böckling. Er kennt sich auf dem Friedhof aus und bietet mehrmals im Jahr Führungen an. Der Koblenzer Hauptfriedhof ist für ihn etwas Besonderes: "Er ist ja wie ein Park angelegt, viele Leute machen hier auch ihren Sonntagsspaziergang", erzählt Böckling. Einige der Spaziergänger stoßen dann vermutlich auch auf den sogenannten Eichenhain auf dem Friedhofsgelände - hier sind Bestattungen nach dem Vorbild einer naturnahen Ruhestätte im Wald möglich. Dabei wird die Urne an den Wurzeln eines Baumes beigesetzt. Wer an welcher Stelle ruht, wird mit einer Plakette gekennzeichnet. Zwischen Bäumen ruhen Die meisten naturnahen Bestattungen finden bisher nicht auf klassischen Friedhöfen statt, sondern in ausgewiesenen Waldgebieten. Der erste Ruheforst in Rheinland-Pfalz wurde 2003 in Hümmel (Kreis Ahrweiler) eröffnet, inzwischen ist eine Waldbestattung unter anderem auch in Braubach (Rhein-Lahn-Kreis) auf dem "Rheinhöhen-Ruhewald", im Ruheforst Hunsrück in Niederhosenbach (Kreis Birkenfeld) und im Friedwald "RheinRuhe" in Bad Breisig (Kreis Ahrweiler) möglich. Die Nachfrage nach und das Interesse an dieser Form der Beisetzung nimmt zu, berichtet auch Trauerrednerin Hildegard Luttenberger aus Neuwied: "Viel mehr Friedhöfe sollten das anbieten und diese Bestattungsform wohnortnah ermöglichen." Denn die klassischen Friedhöfe drohen auszusterben: In Trier überlegt man gerade, welche der insgesamt 16 Friedhöfe in städtischer Trägerschaft zur Kosteneinsparung geschlossen werden können. Sonja Lindenberg
http://rhein-zeitung.de/on/08/04/25/rlp/r/bestattungI-1.html ![]() |
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