Sterndolden: Unkomplizierte Grazien aus den Bergen
Bonn Biedermeiersträußchen in feiner Manschette: So etwa lassen sich die Blüten der Sterndolde (Astrantia) beschreiben.
Gartenpflanzen sind sie schon lange. Nur wurden sie bei uns immer ein wenig stiefmütterlich behandelt.
Vielleicht liegt das daran, dass sie so unkompliziert sind. In Großbritannien, den USA und den Niederlanden ist das anders. Dort gibt es schon seit langem zauberhafte Sorten, die nun auch nach Deutschland kommen.
Einer der kräftig die Werbetrommel für die Sterndolden rührt, ist Piet Oudolf, angesagter Gartenarchitekt aus den Niederlanden. Schattenpartien seiner Gartenschöpfungen sind ohne die feinen Grünweiß-, Rosa- oder Rottöne der Astrantien kaum denkbar. Als Lenzrosen des Sommers bezeichnet er die Pflanzen, die ähnlich lange, ähnlich zuverlässig und in ähnlich edlen Farben blühen. Sogar der sanfte Farbwandel, der den Lenzrosen während der langen Blütezeit eigen ist, gehört auch bei einigen Astrantien-Sorten dazu.
Wilde Sterndolden, von denen es zehn verschiedene Arten gibt, wachsen in den Gebirgszügen vom Kaukasus über die Karpaten, die Alpen bis hinüber in die Pyrenäen. In den bayerischen Alpen kommt Astrantia bavarica an Waldsäumen, in lichten Au- und Schluchtwäldern sowie auf Bergwiesen vor. Wer Sommerurlaub in den Bergen macht, wird die immer sauber aufrecht stehenden Stauden häufig entdecken. Astrantia bavarica ist mit 20 bis 50 Zentimeter Höhe nur etwas kleiner als Astrantia major, von der die meisten Garten-Sterndolden abstammen.
Die bayerische Sterndolde drängt sich allerdings nie in den Vordergrund mit ihren grünweißen Blütendolden, von denen immer mehrere aus einem Blütenstängel entspringen. Botaniker nennen so etwas eine mehrstrahlige Trugdolde. Die Dolde an der Spitze ist die größte, die anderen, etwas kleineren, bilden die zweite Etage. Aber ob Spitzendolde oder zweite Etage, bei allen sitzen die kleinen Blüten wie auf einem dicht besteckten Nadelkissen zusammen über dem Stern aus Hüllblättern. Er vor allem bringt die Farb- und Fernwirkung der Dolden. Die Blüten selbst verstärken sie nur noch.
Schon am Wildstandort variieren die Farben der Dolden, spielen von Weiß und Grünweiß zu Rosa und - selten - zu kräftigem Rot. Nicht anders benahmen sich die Gartenpflanzen, die lange Zeit ausschließlich über Samen der Großen Sterndolde (Astrantia major) vermehrt wurden. Wer gezielt nach Farben fragte, bekam meist ein Achselzucken zur Antwort. Oder warten bis zum Sommer. Dann kann unter blühenden Exemplaren ausgewählt werden. Richtige Sorten gab es kaum. Denn nur vegetativ vermehrte Exemplare besitzen die gleichen Eigenschaften wie die Mutter. Aber Astrantien lassen sich schwer durch Teilung vermehren.
Etliche Staudengärtner sichteten daher die Aussaaten bei der ersten Blüte und sortierten sie in weiß, rot oder rosa blühend. Derartige Auslesen wurden und werden unter Sortenbezeichnungen wie 'Alba', 'Rosea' oder 'Rubra' angeboten. Andere Gärtner kreuzten wiederholt Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften und kamen so zu Samensorten, die in hohem Grade farbecht ausfallen wie 'Rosensymphonie' mit rosaroten Sämlingen oder 'Primadonna' mit dunkelroten Nachkommen.
Hin und wieder entstanden unter all den Sämlingen aber ein paar, die so schön und auffällig waren, dass sie unverändert erhalten werden sollten. 'Ruby Wedding' ist eine von ihnen: Mit tief dunkelroten Blüten auf schwarzroten Stielen übertraf sie alle bis dahin bekannten Astrantien. Später stach 'Aunt Frieda' mit einem hellen, rot überlaufenen Sternenkranz hervor, in dem ein kräftig rotes Nadelkissen thront.
'Roma' gefiel durch das schöne Rosa bis Altrosa, das sich mit der Zeit in ein grün überhauchtes Silber verwandelt. 'Madeleine von Bennekom' zeigte Charakter mit röhrig aufgerollten, weißen Hüllblättchen. Sie alle werden heute vegetativ vermehrt. Das geht nur langsam und in kleinen Stückzahlen. Daher sind sie entsprechend teuer.
INFO: Sterndolden mögen es feucht und etwas schattig
Sterndolden blühen von Juni bis August - bei rechtzeitigem Rückschnitt der verblühten Blumen auch bis weit in den September hinein. Sie lieben bodenfeuchte, licht-schattige Standorte. So wie in ihren heimatlichen Auwäldern wachsen sie am besten auf lehmig-tonigen, humosen und durchlässigen Böden. Dort sind sie fast frei von Krankheiten oder Schädlingen. Müssen sie auf sandigen Böden stehen, sollte ausreichend Kompost eingearbeitet werden, um die Wasserhaltefähigkeit zu verbessern. So versorgt fügen sie sich gut zu Geißbart, Schattenphlox (Phlox divaricatus), hohen Glockenblumen (Campanula latifolia oder lactiflora), aber auch zu Farnen und Gräsern. Von Helga Panten, dpa
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