Die neuen Regale setzen eigene Akzente
Bad Honnef/Köln (dpa/tmn) - Sie bieten Büchern meterweise ein sicheres Zuhause, beherbergen CDs und allerlei Kleinkram: Regale sind die treuen Diener unter den Möbelstücken.
Unauffällig leisten sie an die Wand gedrängt ihre Dienste - zumindest bisher. Denn die neuen Regale begeben sich auf einen neuen Kurs - sie setzen deutlichere Einrichtungsakzente.
«Regale wurden lange Zeit vernachlässigt», sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef in Nordrhein-Westfalen. Jetzt entdeckten immer mehr Designer das Regal als kreative Nische und schaffen aus den zweckmäßigen Möbelstücken Kunstobjekte für den Alltag. Die Entwürfe in dieser Richtung sind teilweise schräg. Und das im doppelten Wortsinn: Die einzelnen Regalbretter verlaufen nicht waagerecht, sondern schief oder gleich ganz kreuz und quer.
Aber auch konventionellere Entwürfe lassen sich nicht mehr einfach so an die Wand drängen. Viele der neuen Regale sind so gestaltet, dass sie als Raumteiler von allen Seiten eine gute Figur machen. «Es gibt zum Beispiel Regale, die auf der einen Seite Türen haben und auf der anderen Seite offen sind», sagt Geismann. So bringt der dänische Hersteller Hammel zum Herbst 2008 ein Aufbewahrungsmöbel auf den Markt, bei dem die Türen nach dem Öffnen im Regal verschwinden. Bilder, Bücher und Schnickschnack können so je nach Lust und Laune ausgestellt oder versteckt werden.
Geradezu schwindelerregend ist «Fun» vom italienischen Unternehmen Bonaldo. Die vielen einzelnen Fächer sind versetzt angeordnet, mit einer Rückwand sind nur einzelne versehen - für das Auge ergibt sich dadurch ein optisches Puzzlespiel. Solche Regale mit doppelt gestellten Bücher- und CD-Reihen zu überfrachten oder mit Krimskrams zu überladen - das ist undenkbar. Bei den schrägen Exemplaren ist das Bestücken ohnehin eine Kunst für sich. Aber auch sonst ist Zurückhaltung angesagt, empfiehlt zumindest die britische Innenarchitektin und Buchautorin Kelly Hoppen.
Denn für eine angenehme Optik zählt nicht nur, was wie im Regal steht. Eine wichtige Rolle spielen auch die Bereiche, die frei bleiben. Wer ausreichend Platz hat, dem rät Hoppen zum Beispiel, ein völlig leeres Regal als «perfekten Gegenpol zu einem relativ vollen Regal» aufzustellen. Dass Regale einrichtungstechnisch mehr Gewicht bekommen, hängt auch mit dem allmählichen Abschied von der altbewährten Schrankwand zusammen. Der kompakte Klassiker wird laut der Kölnmesse, Ausrichterin der Einrichtungsschau «IMM Cologne», von Einzelmöbeln abgelöst.
Die sehen nicht nur lockerer aus , sondern kommen auch stärker den unterschiedlichen Bedürfnissen der Möbelkäufer entgegen. Dem entspricht auch der Trend zur Individualisierung. Immer mehr Hersteller bieten Systeme an, die nach den eigenen Wünschen auf-, um- und ausgebaut werden können.
Literatur: Kelly Hoppen: Stil und Design, DVA, ISBN 978-3-42103-519-6, 39,90 Euro; Elizabeth Wilhide und Joanna Copestick: Moderner Wohnstil, Kaleidoskop Buch, ISBN 978-3-88472-858-1, 9,95 Euro. Von Sandra Cantzler, dpa
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