Deutscher Soldat nach Anschlag bei Kundus gestorben
Berlin/Kundus Bundeswehrsoldaten in Nordafghanistan sind erneut Opfer eines Sprengstoffanschlags geworden: Ein Patrouillenführer wurde getötet, drei seiner Kameraden wurden leicht verletzt. Das teilte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Mittwoch in Berlin mit.
Damit erhöht sich die Zahl der seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes 2002 bei Anschlägen oder Unglücken ums Leben gekommenen deutschen Soldaten auf 27. Die Bundesregierung verurteilte den Anschlag als hinterhältig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich «tief erschüttert» und sprach den Angehörigen im Namen des ganzen Kabinetts ihr Mitgefühl aus.
Der Sprecher der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF, Richard Blanchette, erklärte: «Das Leben des Soldaten wurde genommen, während er dem afghanischen Volk half, eine bessere Zukunft aufzubauen.» Der getötete Hauptfeldwebel gehörte dem Fallschirmjäger-Bataillon 263 der Saarlandbrigade aus Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) an.
Die Bundeswehr-Patrouille war Jung zufolge am Mittwoch um 09.25 Uhr Ortszeit (06.55 MEZ) wenige Kilometer südlich von Kundus-Stadt in eine Sprengfalle geraten, nachdem der Trupp mit acht Fahrzeugen einen Fluss durchquert habe. Der Anschlag sei durch einen Draht ausgelöst worden und habe ein geschütztes Fahrzeug vom Typ «Wolf» getroffen. Teil der Patrouille war ein sogenannter Beweglicher Arzttrupp, der die Opfer schnell versorgte und zum größten deutschen Stützpunkt im nordafghanischen Masar-i-Scharif flog.
Jung sagte: «Wir trauern um den Bundeswehrsoldaten und wünschen den Verletzten rasche Genesung.» Zugleich betonte er, dass der Einsatz weitergehe. Er räumte ein, dass sich die Sicherheitslage im Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr mit bis zu 3500 Mann stationiert ist, verschärft habe. Die Mission müsse aber auch zur Sicherheit Deutschlands fortgeführt werden, um Rückzugsmöglichkeiten und neue Ausbildungslager für Terroristen zu verhindern.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, er sei sicher, dass die Zuständigen vor Ort alles tun werden, um die Vorgänge aufzuklären. Unmittelbare Konsequenzen für die bisherige deutsche Afghanistan-Politik sehe er nicht. Die FDP erklärt, dieser weitere «menschenverachtende Anschlag» zeige, welch hohes Risiko die Bundeswehr in Afghanistan auf sich nehme, um dem Land eine Friedensperspektive zu geben. Die Grünen fordern einen Kurswechsel zu mehr ziviler Hilfe, die Linke den Abzug der Bundeswehr.
Der Gouverneur der Provinz Kundus , Engineer Mohammad Omar, machte die Taliban und das Terrornetz El Kaida für den Anschlag verantwortlich. Omar sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, die Bundeswehr sei im Distrikt Chardara mit einem ferngezündeten Sprengsatz angegriffen worden. Chardara gilt als eine der unsichersten Gegenden in der Provinz Kundus.
Zuletzt waren im Mai 2007 bei einem Selbstmordanschlag in Kundus drei deutsche Soldaten gestorben. Laut Hilfsorganisationen wurden bei Kämpfen und Anschlägen in Afghanistan in diesem Jahr insgesamt mehr als 3000 Menschen getötet, darunter etwa 1000 Zivilisten.
Der Bundestag entscheidet Anfang Oktober über eine Verlängerung des Bundeswehr-Mandats in Afghanistan. Jung hat die Aufstockung des deutschen Kontingents von 3500 auf 4500 Mann vorgeschlagen. In der Diskussion ist ferner, AWACS-Aufklärungsflugzeuge der NATO nach Afghanistan zu entsenden. Jung rechnet damit, dass der Militärausschuss der NATO spätestens Mitte September «zu einem Ergebnis» kommen wird.
dpa-infocom