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Dazu auch: Chronologie: Der "Fall Barschel" Barschel-Ermittler schließen Akten:Fall ungelöst - Schuhspur bleibtKiel - War es Mord, Selbstmord oder Sterbehilfe? Die Frage aller Fragen bleibt ungeklärt, wenn Heinrich Wille an diesem Dienstag den Fall Barschel zu den Akten legt. Am Morgen wird der Leitende Lübecker Oberstaatsanwalt das Ende 1994 eingeleitete "Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verdachts des Mordes an Dr. Dr. Uwe Barschel" mangels Erfolgsaussichten offiziell einstellen und kurz darauf der Presse anhand von Großfotos mysteriöse Spuren erläutern, die von einem fremden Schuh stammen könnten. Sie deuten in den Augen von Gegnern der Selbstmord-Variante darauf hin, daß ein Unbekannter in der Todesnacht des früheren schleswig-holsteinischen CDU-Ministerpräsidenten vor zehneinhalb Jahren in dessen Genfer Hotelzimmer war.
Auch wenn Wille einen Anfangsverdacht für Mord weiter bejaht und ihn Landespolitiker von CDU, FDP und dänisch orientiertem SSW durch die Ermittlungen eher erhärtet denn entkräftet sehen, sichere Erkenntnisse gibt es nicht. Auch nicht für angebliche Waffengeschäfte, in die Barschel verwickelt gewesen sein soll und die für die Mord-These herangezogen werden. Selbstmord als Schuldeingeständnis?Weil Wille derzeit weiteren Erkenntnisgewinn nicht erwarten kann, war er zur Einstellung des Verfahrens mit dem Aktenzeichen 705 Js 33247/87 gezwungen. Da Mord nicht verjährt, ist eine Neuauflage bei neuen Hinweisen jederzeit möglich. Die Barschel-Familie war von Mord immer überzeugt. Dennoch hoffe er, sagt Wille, daß die Gründe, die ihn zur Einstellung des Verfahrens veranlaßten, auch Familienanwalt Justus Warburg überzeugen. Ein förmliches Rechtsmittel dagegen gibt es nicht. Es bliebe nur der Weg über eine Dienstaufsichtsbeschwerde, für die Generalstaatsanwalt Erhard Rex zuständig wäre.Barschel war am 11. Oktober 1987 tot in seiner Hotelbadewanne gefunden worden, wenige Tage nach seinem Rücktritt im Zuge der "Barschel/Pfeiffer-Affäre", die das Land erschüttert hatte. Die Schweizer Behörden erkannten auf Selbstmord. Ein solcher wurde rasch als "Schuldeingeständnis" nach den Aktionen des Barschel-Referenten Reiner Pfeiffer im Landtagswahlkampf 1987 gegen Oppositionsführer Björn Engholm (SPD) gedeutet. Pfeiffer hatte Engholm bespitzeln lassen, eine Steueranzeige gegen ihn lanciert und ihn telefonisch mit angeblichem Aids-Verdacht traktiert. Medikament in Westeuropa nicht mehr im HandelAls Urheber und "Mittäter" gab Pfeiffer Barschel an, was nicht nur dieser bestritt, sondern auch ein Untersuchungsausschuß des Landtags Ende 1995 verneinte. Letzteres spricht auch für Wille gegen einen mit "Schuld" erklärbaren Selbstmord: "Klassische Signale für einen Bilanzselbstmord, ebenso wie auch für eine aus der depressiven Stimmung heraus entstandene Selbsttötungsabsicht fehlen".Wegen eines Mosaiks von Anhaltspunkten hatte die Staatsanwaltschaft im Dezember 1994 die Mord-Ermittlungen aufgenommen. Die Frage nach einem möglichen Tatmotiv oder Täter mußten sie unbeantwortet lassen. Die Spekulationen rankten sich um illegale Waffengeschäfte, die Iran-Contra-Affäre, Reisen Barschels in die DDR und die CSSR oder angebliche Geheimdienstaktionen von CIA, Stasi, KGB und Mossad. Klar ist, daß Barschel durch Medikamentenvergiftung starb. Gegen einen früh geplanten Selbstmord sprechen für die Ermittler etwa Notizen für Verabredungen oder die Tatsache, daß damals ein von Barschel eingenommenes Medikament in Westeuropa nicht mehr im Handel war. Wolfgang Schmidt, dpa |
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Letzte Änderung: 01.06.1998 14:10 von jp |